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Deutsche Sprache mit englischen Worten – cool oder einfach nur nervig?

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Wie schon bei den „vollständigen Sätzen“, gingen auch bei dieser Frage die Meinungen bei Hauptsache Kommunikation auseinander – ein perfektes Thema für den zweiten Teil unserer HK-Serie „Pro & Kontra“!

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Anglizismen machen Sinn und dienen der Weiterentwicklung 

Englisch – in 38 Ländern offizielle Landessprache, meistbenutzte Sprache auf dieser Erde, daher auch seit dem 19. Jahrhundert offizielle Weltsprache.
 
Dieses populäre Englisch findet seinen Weg dementsprechend auch immer mehr in den deutschen Sprachgebrauch. So wird unser Deutsch leichter verständlich – sowohl für die 11,6 Millionen Einwanderer mit diversen Muttersprachen, als auch für die 382,7 Millionen Touristen, die jährlich nach Deutschland kommen.

Aber auch deutsche Muttersprachler profitieren von Anglizismen, da Englisch deutlich mehr Vokabeln umfasst. Im Vergleich zu den ca. 273.000 Stichworten, die das Oxford English Dictionary beinhaltet, kann das aktuelle deutsche Gegenstück nur 148.000 Worte aufweisen. Und davon wurden bereits einige aus dem Englischen offiziell in den Duden aufgenommen.


Insbesondere Terminologie aus dem Technik- und Informatikbereich wird häufig gar nicht erst übersetzt, sondern einfach übernommen. Die besten Beispiele hierfür sind „Computer“, „Chat“ und „App“.
 
Selbst wenn der eigentliche Sinn des Anglizismus nicht übernommen wird – der englische Ursprung ist meist ein technischer, wie bei dem Wort „Handy“. Anders als man womöglich annehmen könnte, ist „Handy“ tatsächlich kein Wort der englischen Sprache – jedenfalls nicht als Nomen in Bezug auf ein Mobiltelefon. Es leitet sich aus dem Adjektiv „handy“ ab, was so viel bedeutet wie „handlich“ oder „praktisch“.


Einige Menschen sind der Meinung, dass die deutsche Sprache durch Anglizismen verdrängt oder gar verunstaltet wird. Ich finde, man kann sie auch als Weiterentwicklung unserer Sprache betrachten – zur Erleichterung und Verständlichkeit. Beweise dafür liefert unsere Umgangssprache: Worte wie „okay“ statt in Ordnung, „Babysitter“ statt „Kinderhüter“ oder „Park“ statt „Grünanlage“ sind aus unserer Alltagssprache nicht mehr wegzudenken.
 
Manche werden vielleicht jetzt denken: „Das macht gar keinen Sinn!“– Ha, erwischt!
Einer der meistbenutzten Anglizismen ist „Sinn machen“! Das korrekte deutsche Äquivalent dazu wäre allerdings „Sinn ergeben“. Die Ausdrucksweise „Sinn machen“ leitet sich aus dem Englischen „to make sense“ ab.


Also lässt sich wohl ganz klar festhalten, dass die Nutzung von Anglizismen in unserer Alltagssprache sehr viel Sinn macht!
 
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Warum muss ein Keks ein Cookie und ein Telefonat ein Call sein?

Als ich neulich meiner Freundin im Café gegenübersaß, bemerkte ich etwas Interessantes. Sie erzählte von Situationen aus ihrem Alltag, wie immer wortreich und wortgewandt, aber etwas war neu ...
 
Die Situation im Meeting, als keiner ihrer Kollegen was sagte, war „ganz schön awkward“. Dann schaltete sich auch noch ihre Chefin ein und kommentierte die Stille – „super awkward!“ Und der Typ beim Tinder-Date neulich hatte wohl auch seltsame Allüren: „irgendwie awkward“. 
 
Ich bin kein Englisch-Ass und kann nicht sagen, ob sie das Wort im richtigen Kontext gebrauchte. Klar wurde mir nur schnell, dass sie von irgendwie unangenehmen Momenten berichtete. Und auch, dass sie diese Vokabel inflationär gebrauchte. Alles schien plötzlich „awkward“ zu sein, dabei ist sie kein negativer Mensch oder jemand, der sich ständig beklagt – es wirkte auf mich so, als wollte sie einfach dieses Wort ständig verbauen. Weil es ihr gefällt, sie sich „cool“ vorkommt, wenn sie es nutzt oder auch einfach, weil Ersteres mal zutraf und sie es sich angewöhnt hatte.
 
Und damit zu meiner Kritik an Anglizismen: Ich verteufele sie nicht! Ich finde es nur lächerlich, wenn jemand mit aller Gewalt versucht, möglichst viele zu verwenden und zwar an Stellen, wo es Verwirrung stiftet, unnötig ist oder die Bedeutung noch verwässert.
 
Bei manchen Leuten ist alles „nice“ oder „creepy“ – dabei sind das nur – Achtung! – „hippe“ Comments, die Zustimmung oder Geringschätzung ausdrücken sollen und schöne deutsche Worte verdrängen.
 
Wenn mein früherer Chefredakteur „sensationell“ sagte, wusste ich, dass er von einer Erzählung richtig begeistert war, und wenn ein Freund von mir eine Stadt als „grässlich“ bezeichnet, kann ich mir regelrecht vorstellen, wie man auf dem Absatz umdrehen und davonlaufen möchte. Eben weil ich ein Gefühl für meine Muttersprache habe und bestimmte Worte auch eine bestimmte Konnotation haben.
 
Apropos davonlaufen: Ich persönlich finde es furchtbar, wenn vor dem Sprachzerfall Warnende alles ums Erbrechen mit deutschen Worten ausdrücken müssen. Niemand soll bitte „ein aufgeschnittenes weiches, mit gebratenem Hackfleisch, Zwiebeln, Gurken, Ketchup und Mayonnaise belegtes Brötchen“ statt einem „Hamburger“ bestellen oder den „Telefonanschluss für raschen Service“ statt einer „Hotline“ anrufen.
 
Aber warum muss ein „Keks“ ein „Cookie“, ein „Telefonat“ ein „Call“ und eine „Erinnerung“ ein „Reminder“ sein? Meine Vermutung: Es soll besser klingen und/oder dadurch zu etwas Wichtigerem gemacht werden.  
 
Genau deshalb werden Anglizismen ja auch mit Vorliebe im – Obacht! – „Business-Kontext“ gebraucht. Nicht nur, dass Meetings „gecancelt“ statt profan „abgesagt“ und Ergebnisse „getoppt“ statt schnöde „verbessert“ werden.
 
Auch Berufsbezeichnungen vom „Chief Executive Officer“ bis zum „Facility Manager“ sind doch wohl nur dafür da, jemanden besser aussehen zu lassen. Obwohl ich an „Geschäftsführer“ und „Hausmeister“ nichts Degradierendes finde – ich persönlich muss sämtliche Manager-Bezeichnungen ohnehin erstmal – aufgepasst! – „googeln“ und dann bekomme ich diesen Augenwischerei-Effekt erst recht.
 
Anders ist es bei Begriffen, wie „Briefing“, weil es das Instruieren in kurzer Zeit (brief = kurz) meint, bei „Deadline“, weil es gegenüber „Stichtag“ und Ähnlichem eine gewisse Dramatik beinhaltet, und „remote arbeiten“, weil damit nicht nur das – aufgemerkt! – „Homeoffice“ gemeint, sondern es eben wurscht ist, wo der Mitarbeitende seine Aufgaben erledigt. 
 
Bestimmte Worte sind einfach in den deutschen Sprachgebrauch übergegangen – und das aus guten Gründen. Denn sie bringen das Gesagte besser auf den Punkt und Sprache soll sich ja auch wandeln.
 
Hauptsache ist allerdings, dass sie verständlich bleibt. Aber genau das bleibt auf der Strecke, wenn Anglizismen nur als Statussymbol verwendet werden, um Eindruck zu schinden oder gar Unwissende auszuschließen.
 
Und richtig Banane wird’s, wenn Menschen mit zu großem Geltungsdrang nur noch wüst mit Floskeln um sich schmeißen. „I mean, are you serious – not your business!“ Da kann ich sagen: “No front, aber irgendwie awkward!” Oder auch: „Nichts für ungut, ich finde das bescheuert!“

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